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Zwischen Subventionen, Sicherheit und Systemwechsel

23. Dezember 2024 – Im Rückblick auf die vergangene Session sticht die «Lex Gerlafingen» hervor. Links/Grün setzte sich hier – nicht zu meiner Freude – mit (zu) viel Hilfe aus dem bürgerlichen Lager durch. Die Mitte, FDP und SVP konnten sich aber beim Armeebudget durchsetzen und die Erhöhung der Mittel für die Landesverteidigung sichern. Zudem beschloss das Parlament die Abschaffung des Eigenmietwerts – ein längst überfälliger Systemwechsel.

Die «Lex Gerlafingen»: Solothurner Wahlkampf auf Kosten der Stromkunden

In der vergangenen Session stand die so genannte «Lex Gerlafingen» zur Debatte – ein dringlich erklärtes Bundesgesetz, welches zwei Stahlwerke in Gerlafingen (SO) und Emmenbrücke (LU) sowie ein Aluminiumwerk im Wallis mit Subventionen retten soll. Diese Unternehmen stehen vor großen finanziellen Herausforderungen durch hohe Energiekosten, Überkapazitäten in der globalen Stahlproduktion und die Dekarbonisierung. Während Links-Grün die Subventionen der Stahlkraftwerke als essenziell für die Kreislaufwirtschaft und die CO₂-arme Stahlproduktion verteidigt, sehen bürgerliche Stimmen die industriepolitischen Fehlanreize.

Nun betreiben wir also auch klassische Industriepolitik. Unter anderem mit Verweis auf die EU, die das ja auch mache, weswegen die Schweizer Unternehmen ja die Probleme hätten. Dass es in der EU nicht funktioniert, zeigt der Fall Thyssen-Krupp, wo in der EU in den nächsten Jahren 11’000 Stellen abgebaut werden. Und nun soll das «Nachmachen» einer EU-Industriepolitik sinnvoll für die Schweiz sein? Es wird auch bei uns nicht funktionieren. Die den Unternehmen geschenkten Gebühren werden entweder deren Untergang nicht verhindern oder sonst bloss einen Mitnahmeeffekt haben. Dass das Bundesamt für Justiz die Verfassungsmässigkeit der ganzen Aktion verneinte focht die Mehrheit ebenfalls nicht an.

Besonders kritisch sehe ich die Doppelmoral von Links-Grün: Ein Grossteil der «Gerlafingen-Allianz», die sich jetzt als Retter der Schwerindustrie aufspielt, hat im Parlament der «Umweltverantwortungsinitiative» (ich nenne sie Verarmungsinitiative) zugestimmt. Sie kommt am 9. Februar 2025 zur Abstimmung und bei deren Annahme müsste die Schweiz ihr Wohlstandsniveau innerhalb von zehn Jahren auf dasjenige von Staaten wie Angola oder Eritrea senken – stillgelegte Schwerindustrie inklusive. Mehr Doppelmoral geht nicht. Ich bin der Meinung, dass wir in der Politik keine Sonderlösungen für einzelne Betriebe schaffen dürfen, während alle anderen – vom Dorfbäcker bis zum KMU – die zusätzlichen Kosten über höhere Netzgebühren tragen müssen. Zudem kämpfen andere Branchen ebenfalls mit denselben Herausforderungen, wie beispielsweise die Automobilzulieferer in der Ostschweiz. Politik muss für alle gelten und nicht nur für wenige privilegierte Betriebe. Am Schluss bleibt der Eindruck, dass auf Kosten der Stromkonsumentinnen und -konsumenten Solothurner Wahlkampf gemacht wurde.

Mehr Mittel für die Verteidigung – trotz hartem Widerstand

In der vergangenen Session wurde das Armeebudget für das kommende Jahr verabschiedet – ein hart erkämpfter Kompromiss. Das Budget steigt um 530 Millionen Franken und stärkt damit die Landesverteidigung, ein zentraler Punkt für mich und viele meiner Kolleginnen und Kollegen aus bürgerlichen Kreisen. Die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes darf nicht länger vernachlässigt werden. Die Finanzierung des erhöhten Armeebudgets wurde unter anderem durch Kürzungen in der Internationalen Entwicklungszusammenarbeit (IZA) und den Verwaltungsausgaben ermöglicht. So wurden die Mittel für den Teuerungsausgleich des Bundespersonals reduziert und die Ausgaben für internationale Entwicklungsprojekte um 110 Millionen Franken gekürzt. Dieser finanzielle Spielraum war notwendig, um die zusätzlichen Mittel für die Verteidigung bereitzustellen, ohne die Schuldenbremse zu verletzen. Der Erfolg der bürgerlichen Zusammenarbeit zeigt: Sicherheit hat in der Schweiz trotz finanzieller Herausforderungen weiterhin Priorität. Von einem Ende der humanitären Tradition kann übrigens trotz der Kürzung bei der IZA nicht die Rede sein. Die Ausgaben haben sich in den letzten 20 Jahren fast verdoppelt und gehen nach wie vor gegen 4 Milliarden Franken pro Jahr.

Eigenmietwert: Ein längst überfälliger Systemwechsel

Nach jahrelangem Ringen hat das Parlament die Abschaffung des schweizerischen Unikums „Eigenmietwert auf selbstbewohnten Liegenschaften» beschlossen. Der Eigenmietwert, ein fiktives Einkommen, das Hauseigentümer bislang versteuern mussten, entfällt künftig für Erst- und Zweitwohnungen. Damit einher geht der Wegfall von Steuerabzügen für Unterhaltskosten und Schuldzinsen. Der Nationalrat hat sich hier mit dem Ansatz des konsequenten Systemwechsels durchgesetzt. Für Bergkantone, die hohe Einnahmeverluste befürchten, gibt es eine Kompensation: Eine neue Objektsteuer auf Zweitwohnungen könnte eingeführt werden, die jedoch noch vom Stimmvolk genehmigt werden muss.

Ich begrüße die Abschaffung des Eigenmietwerts, da sie eine klare und konsequente Lösung darstellt. Steuerliche Sonderregelungen, wie sie der Ständerat zunächst forderte, hätten das System nur komplizierter gemacht. Auch geht es nicht an, die Besteuerung der fiktiven Einkünfte zu streichen, die Abzüge aber weiter zuzulassen. Der Krimi bis zur Schlussabstimmung zeigte aber auch: Der Widerstand, vor allem aus den Bergregionen, bleibt groß. Ob die Vorlage letztlich auch vor dem Volk Bestand hat, bleibt abzuwarten. Doch ich bin überzeugt: Ein konsequenter Systemwechsel ist der richtige Schritt, nicht zu Letzt um auch einen Anreiz für hohe Schulden von Privatpersonen zu beseitigen. Und noch eine «Klammerbemerkung»: Bemerkenswert war der Sinneswandel von Nationalrätin Jacqueline Badran. Sie hatte klipp und klar (und protokolliert) versprochen, den Systemwechsel zu unterstützen, wenn er konsequent gemäss Konzept des Nationalrats erfolgt. Letzteres ist zwar geschehen, aber Nationalrätin Badran hat nicht Wort gehalten. Ihr Abstimmungsverhalten in der letzten Woche im Rahmen von Differenzbereinigung, Einigungskonferenz und Schlussabstimmung: Ja – Enthaltung – Nein!

Vorstösse

In der vergangenen Session habe ich mich mit mehreren Vorstößen für nachhaltige und ausgewogene Lösungen in den Bereichen Mobilität, Umwelt und Ernährung engagiert. Die Übersicht zum Nachlesen meiner Vorstösse finden Sie hier.

Nach dem Nein zum Autobahnausbau frage ich den Bundesrat in meiner Interpellation an, wie man sicherstellen will, dass Ausbauschritte der verschiedenen Verkehrsträger – Nationalstrassen, Agglomerationsverkehr und Bahninfrastruktur – besser koordiniert werden, um die Finanzierung der Mobilität durch kohärente Maßnahmen zu sichern.
Ein weiteres zentrales Thema ist die geplante Einschränkung von Lebensmittelwerbung an Kinder. In meiner Interpellation forderte ich Klarheit über die geplanten gesetzlichen Maßnahmen und frage, ob anstelle von strikten Regulierungen eine Selbstregulierung der Industrie geprüft werden könne, um praktikable und wirtschaftsfreundliche Lösungen zu finden.
Mit einem Postulat zur neuen Lebensmittelpyramide fordere ich den Bundesrat auf, die wissenschaftlichen Grundlagen und Auswirkungen der neuen Empfehlungen zu überprüfen, insbesondere im Hinblick auf die Rolle von Fleisch, dessen ernährungsphysiologischen Vorteile und die Auswirkungen auf die Agrarpolitik.
Schließlich habe ich mich in einer Interpellation mit der Wirtschaftlichkeit landwirtschaftlicher Photovoltaikanlagen beschäftigt. Hier fordere ich vom Bundesrat, Maßnahmen zur Sicherstellung der Rentabilität solcher Anlagen vorzulegen, insbesondere angesichts der neuen Vergütungsregelungen und den Herausforderungen bei tiefen Strompreisen.

Mir bleibt mir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, herzlich für Ihr Interesse an meiner Arbeit und Ihre Unterstützung zu danken. Möge die Weihnachtszeit Ihnen und Ihren Familien Momente der Freude, Besinnung und Erholung schenken. Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Freundliche Grüsse
Nicolò Paganini
Nationalrat