Zusätzliche Milliarden für den Ausbau von Nationalstrassen und den Rosenbergtunnel
Der Bundesrat plant, bis zum Jahr 2030 rund 11,6 Milliarden Franken in Erweiterungsprojekte auf dem Nationalstrassennetz zu investieren, um den Verkehrsfluss auf den Nationalstrassen zu verbessern. Die am dringendsten benötigten und am weitesten fortgeschrittenen Erweiterungsprojekte werden jeweils einem Ausbauschritt zugeordnet. Für den Ausbauschritt 2023 beantragte der Bundesrat, neben vier weiteren Projekten aus dem Realisierungshorizont 2030, den St. Galler Rosenbergtunnel zuzuweisen und definitiv zu beschliessen. Der Rosenbergtunnel der A1 bei St. Gallen erhält beim wahrscheinlichen Ja des Ständerats eine dritte Röhre. Dem Projekt steht nunmehr aus Bundessicht nichts mehr im Wege.
In der Debatte des Nationalrats erinnerte ich Kolleginnen und Kollegen an die Ergebnisse der Volksabstimmung in der Stadt St.Gallen (Votum1, Votum 2): Bereits 2017 wurde über den Bau der dritten Röhre des Rosenbergtunnels und der Spange Güterbahnhof abgestimmt. Das Resultat: Diejenigen, die dieses Bauprojekt wollen, haben die Abstimmung mit 63 Prozent gewonnen. Das Projekt ist auch für das Funktionieren des öffentlichen Verkehrs von grosser Bedeutung (Votum 3).
Das Raumplanungsgesetz geht in die zweite Etappe
Mit der ersten Etappe der Revision des Raumplanungsgesetztes wurde entschieden, das Bauen in der Bauzone zu verdichten. Dieses Vorhaben trifft auf breite Akzeptanz, solange nicht der eigene Nachbar verdichtet… Mit der zweiten Etappe steht das Bauen ausserhalb der Bauzone im Zentrum der Debatte. In der Landwirtschaftszone gibt es viele nicht mehr genutzte Scheunen, touristische Bauten oder standortgebundene Infrastrukturobjekte. Herzstück der Gesetzesrevision bildet das Stabilisierungsziel für die Anzahl Bauten in Gebieten ausserhalb der Bauzone.
Der Nationalrat will mit einer Abbruchprämie einen zusätzlichen Anreiz schaffen, freiwillig nicht mehr gebauchte Gebäude abzubrechen. Was ist nun aber, wenn ein Stall nicht mehr brauchbar ist und man diesen ersetzt? Wird dafür auch eine Abbruchprämie ausbezahlt? In einem Votum wandte ich mich an Bundesrat Rösti und plädierte für die Ausrichtung der Abbruchprämie bei Ersatzbauten für standortgebundene Objekte ausserhalb der Bauzone. Dies gilt selbstverständlich für die Landwirtschaft, aber auch für den Tourismus, den ich als Präsident des Schweizer Tourismus-Verbands vertrete. Ohne Abbruchprämie würden die nicht mehr benötigten Gebäude häufig weiter in der Landschaft stehen bleiben und langsam aber sicher zerfallen. Bundesrat Rösti zeigte in seiner Antwort Verständnis für meine Überlegung. Ich glaube, er denkt persönlich gleich wie ich (und wohl auch eine Mehrheit im Ständerat).
Schliesslich sprach ich mich in einem Votum als Sprecher der Mitte-Fraktion insgesamt für die Vorlage aus. Die Gesetzesrevision wurde im Nationalrat ohne Gegenstimme angenommen. Auch wenn die Begeisterung dafür fehlte, so gab es immerhin in keinem politischen Lager Fundamentalopposition.
Lex Koller: Investitionskontrolle auch beim Verkauf von Schweizer Energiefirmen
Das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland («Lex Koller») enthält eine Reihe von Erwerbseinschränkungen an Grundstücken durch ausländische Investoren. Nun verlangt eine parlamentarische Initiative von Kollegin Jacqueline Badran (SP, Zürich), auch strategische Infrastrukturen der Energiewirtschaft der Lex Koller zu unterstellen. Die Begründung: Die Netzinfrastrukturanbieter hätten eine Monopolstellung und bezögen eine Monopolrente. Zudem seien die Wasserkraft und die Netze von strategischer Bedeutung und essenziell für die Versorgungssicherheit.
Heute sind die bedeutendsten Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft bereits in Staatseigentum. Mit Blick auf die Versorgungssicherheit sind ausländische Investoren möglicherweise einst gar erwünscht. Als Teil einer Minderheit der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) vertrete ich die Ansicht, dass das Vorgehen über die Lex Koller nicht das zielführende Mittel ist. Es geht über die eigentlich zu lösenden Probleme rund um den Schutz strategischer Infrastrukturen hinaus; schwere Eingriffe in die Eigentumsgarantie und Wirtschaftsfreiheit würden damit einhergehen. Anstelle der Zweckentfremdung der Lex Koller scheint mir der Ansatz der Motion Riederer 18.3021 sinnvoller: Hier sollen Lösungen gesucht werden mit generellen, nicht nur die Energiewirtschaft betreffenden Investitionsschutzkontrollen. In einem Votum habe ich meine Überlegungencht im Namen der Mitte-Fraktion zum Ausdruck gebracht. Eine «unheilige» Allianz von SP, Grünen und SVP sah dies anders und verhalf der Vorlage zum Durchbruch. Sie dürfte es im Ständerat aber schwer haben.
Selenskyjs Rede im Bundeshaus
In der letzten Sessionswoche sprach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video während der Mittagspause vor dem Parlament. Seine Worte zur Situation in der Ukraine gingen unter die Haut. Selenskyj bedankte sich für die Solidarität der Schweiz und wünscht sich, dass jedes Land nach seinen Stärken Unterstützung leistet. Für die Schweiz bedeutet dies gemäss Selenskyj die Übernahme von EU-Sanktionen, humanitäre Hilfe und wenn möglich die Erteilung von Waffen-Wiederausfuhrbewilligungen an Drittstaaten. Ausserdem regte er die Organisation einer Friedenskonferenz in der Schweiz an. Die Rede war für mich eindrücklich, Selenskyjs Auftritt und seine Wortwahl wirkten sehr an die Schweizer Verhältnisse angepasst.
Bereits im Vorfeld sorgte die geplante Rede Selenskyjs für Diskussionen im Bundeshaus. Die SVP boykottierte die Rede praktisch geschlossen mit der Begründung, der Auftritt Selenskyjs sei ein Verstoss gegen die Neutralität. Hier möchte ich klar benennen, dass Russland der Aggressor in diesem Krieg ist und die Ukraine als Opfer völkerrechtswidrig angegriffen wurde. Auch für die Schweiz als kleines Land ist die Wahrung des Völkerrechts von grosser Relevanz. Wir dürfen die Augen vor diesem Krieg und dem Ausmass dessen Katastrophen nicht verschliessen. Selenskyj nicht anzuhören mit Verweis auf die Neutralität ist für mich nicht nachvollziehbar und gar beschämend. Bei den anderen Parteien blieben Protestabsenzen aus.
Die CS-Krise wird von der PUK unter die Lupe genommen
Die jüngsten Geschehnisse rund um die Credit Suisse soll von einer parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) aufgerollt werden. Präsidieren wird die PUK zur CS-Notrettung erfreulicherweise eine Mitte-Politikerin, die Freiburger Ständerätin Isabelle Chassot. In diesem Jahrhundert wurde noch nie eine PUK eingesetzt. Auf die 14 Mitglieder wartet sehr viel Arbeit. Ich bin schon jetzt gespannt auf die Ergebnisse.
Ebenfalls Historisches könnte sich in der letzten Sessionswoche bei der Besteuerung des Eigenmietwerts angebahnt haben. Nach unzähligen gescheiterten Versuchen stehen die Zeichen für eine Revision mit Abschaffung der Besteuerung des Eigenmietwerts jetzt deutlich besser. Es waren die Vertreter der Mitte-Fraktion in der Wirtschaftskommission, die dem Konzept mit konsequenter Abschaffung (inklusive Zweitwohnungen) und fast gänzlicher Streichung der Abzugsmöglichkeiten zum Durchbruch verholfen haben. Jede andere Variante wäre wieder zum Scheitern verurteilt. Als nächstes ist wieder der Ständerat am Zug.
Bereits heute Montag geht es für mich wieder nach Bern. Eine reich befrachtete UREK-Sitzung mit Themen wie dem Mantelerlass für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien oder der Biodiversitätsinitiative wartet auf uns. Meine aufmerksamen Leserinnen und Leser mögen sich möglicherweise an meinen letztjährigen Tipp, bei Sonnenschein auf der Aare zu «böötle», erinnern. Wenn die Wetterprognosen für diese Woche mit 30 Grad und Sonnenschein eintreffen, bringt der Aareschwumm auch diesen Sommer eine schöne Erfrischung nach den Sitzungen.
Freundliche Grüsse
Nicolò Paganini
Nationalrat