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Kampf um knappe Ressourcen – in mehrfacher Hinsicht

17. Juni 2024 – In der diesjährigen Sommersession drehten sich viele Diskussionen um die Frage der Ressourcen. Woher sollen die finanziellen Ressourcen für die Mehrausgaben bei der AHV und der Armee kommen? Wie kann der Ausbau des Stromnetzes für die Versorgungssicherheit von Strom als bedeutende Ressource beschleunigt und Stabilität im Strommarkt geschaffen werden? Und letztlich die Frage, ob die Gesellschaft und vor allem die Wirtschaft ihren Ressourcenverbrauch radikal drosseln müssen für die Einhaltung der planetaren Grenzen.

Das dreifache Rechnen um die Finanzen

Der Bund steht vor drei bedeutenden finanzpolitischen Herausforderungen. Erstens muss das strukturelle Defizit in der Größenordnung von rund vier Milliarden bereinigt werden, wobei eine Überprüfung der Aufgaben und Subventionen erforderlich ist. Zweitens gilt es, die AHV bis 2030 und darüber hinaus zu stabilisieren. Dies ist insbesondere notwendig, weil die Mehrheit der Stimmbevölkerung die Volksinitiative zur Einführung einer 13. AHV-Rente angenommen hat. Drittens sollen die Ausgaben für die Armee auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts gesteigert werden, um die Nachrüstung der Armee zu finanzieren. Doch woher soll das Geld kommen?

Der Ständerat diskutierte verschiedene Ideen, wie der finanzpolitische Spagat gemacht werden kann. Von einer Aushebelung der Schuldenbremse wollte der Rat (zum Glück) nichts wissen. Angenommen wurde ein «Schnellschuss-Antrag», wonach Armee-Mehrausgaben in einer Vierjahresperiode zur Hälfte bei der internationalen Zusammenarbeit einzusparen und die restlichen Ausgabenkürzungen auf das Verteidigungsdepartement sowie andere Teile der Bundesverwaltung zu verteilen wären. Die Armeebotschaft und der «Streit ums Geld» geht nun in die zuständigen Kommissionen des Nationalrats.

Meine Meinung: In den letzten dreissig Jahren haben wir die Friedensdividende konsumiert, indem wir die Ausgaben etwa für Bildung und Forschung oder den Sozialstaat sehr stark erhöht haben. Diese Friedensdividende ist nun aufgebraucht. Meiner Meinung nach wird es politisch schwierig, die erforderlichen Mittel allein durch Einsparungen aufzubringen. Ich unterstütze die Idee des St.Galler Mitte-Ständerats Beni Würth, auf einen Mix aus Sparmaßnahmen und befristeten Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuer zu setzen.

Asylrecht für Afghaninnen

Seit Juli 2023 qualifizieren sich afghanische Frauen und Mädchen nach einer Praxisänderung des Staatssekretariats für Migration grundsätzlich für Asyl in der Schweiz, was den Familiennachzug für Ehegatten und Kinder ermöglicht. Zuvor erhielten sie den Status der vorläufigen Aufnahme und Asyl wurde nur nach einer Prüfung der Fluchtgründe im Einzelfall gewährt. Diese Praxisänderung könnte eine Sogwirkung auslösen, was die angespannte Asylsituation weiter verschärfen könnte.

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats hatte daher über eine Motion zu beraten, in der die Aufhebung der Praxisänderung gefordert wird. Die Mehrheit unserer Kommission lehnt die Motion ab, wie ich als Kommissionssprecher in meinem Votum zum Ausdruck brachte. In unserer Kommission herrscht Einigkeit darüber, dass in Afghanistan oder vom Taliban-Regime verfolgte Frauen und Mädchen in der Schweiz Schutz finden müssen, dass aber Asyl nur nach einer Einzelfallprüfung der Fluchtgründe gewährt werden sollen. Ausserdem braucht es für nachreisende afghanische Männer verschärfte Sicherheitsprüfungen.

Der beschleunigte Ausbau des Stromnetzes – bitte ohne Verzögerung

Eine parlamentarische Initiative der Grünen fordert einen beschleunigten Ausbau der Stromnetze, wobei Freileitungen möglichst erdverlegt werden sollten. Zudem sollen die Ausbauten zur Aufwertung von Landschaft, Baukultur und Kulturland oder zum Schutz der Biodiversität beitragen.

Als Sprecher der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats UREK durfte ich darlegen, weshalb die Mehrheit die Ablehnung dieser Initiative empfiehlt. Erstens ist eine parlamentarische Initiative unnötig, da das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK bereits an einer entsprechenden Vorlage arbeitet. Zweitens führt die Forderung nach zusätzlichen ökologischen und kulturellen Aufwertungen zu neuen Einsprachen und langwierigen Verfahren, was das Gegenteil einer Verfahrensbeschleunigung bewirkt. Drittens ist die Erdverlegung von Höchstspannungsleitungen sehr teuer und würde die Stromkosten erheblich erhöhen. Zudem ist die ökologische Unbedenklichkeit dieser Maßnahme fraglich. Der Nationalrat folgte der Kommissionsmehrheit und lehnte die Initiative ab.

Neue Regeln im Stromhandel

Die Diskussion über das Bundesgesetz über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten (BATE) stand unter dem Motto «Wer nach dem Staat ruft, der bekommt auch mehr Staat». Ich durfte im Rat die Position der Mitte-Fraktion vertreten. Im Herbst 2022 stiegen die Strompreise kurzfristig um das Zwanzigfache und die großen Schweizer Stromkonzerne gerieten durch die sogenannten «Margin Calls» in ernste Liquiditätsprobleme, weshalb das Parlament den Rettungsschirm beschliessen musste. Das BATE ist der erste von drei Bausteinen zur Ablösung des Rettungsschirms.

Eine positive Nachwirkung der Energiekrise 2022 ist, dass Insiderhandel und Marktmanipulationen im Energiehandel – im Gegensatz zum Wertpapierhandel – künftig spezialgesetzlich verboten und unter Strafe gestellt werden. Die Mitte-Fraktion unterstützt daher, dass solche unfairen Praktiken verboten werden und eine Analogie zum Wertpapierhandel geschaffen wird. Mit dem neuen Gesetz erhält die Elcom zusätzliche Informationen, die ihr helfen sollten, gefährliche Entwicklungen an den Märkten, welche die Versorgungssicherheit der Schweiz mit elektrischer Energie gefährden, rechtzeitig zu erkennen. Schliesslich sind die Stromversorgungsunternehmen Institutionen mit großen Staatsbeteiligungen zur Sicherstellung der Versorgung der Schweiz mit bezahlbarem Strom und nicht nur Goldesel für die Kassen der Kantone und Städte.

Pragmatische Umweltgesetze statt utopische Verfassungsbestimmung

Die Umweltverantwortungsinitiative, lanciert von den Jungen Grünen, fordert, dass die Schweiz innerhalb der nächsten zehn Jahre innerhalb der planetaren Grenzen leben soll. Dies bedeutet, dass sowohl die Bevölkerung als auch Unternehmen ihren Ressourcenverbrauch so weit reduzieren müssen, dass weltweit alle Menschen dieselben Ressourcen konsumieren könnten, ohne den Planeten zu überbeanspruchen.

Die Mitte-Fraktion lehnt diese Initiative geschlossen ab und sieht die strikte Zehn-Jahres-Umsetzungsfrist als entscheidenden Schwachpunkt. In meinem Votum als Fraktionssprecher betonte ich, dass eine solche schnelle und radikale Veränderung der Ressourcenverbrauchsgewohnheiten zu erheblichem wirtschaftlichen und sozialen Schaden führen würde. Die Schweizer Unternehmen, die nicht nur für den heimischen Markt produzieren, würden auf den internationalen Märkten aufgrund höherer Produktionskosten einen Wettbewerbsnachteil erleiden, was zur Vernichtung vieler Arbeitsplätze zur Folge hätte.

Ich bin überzeugt, dass Lösungen für den Umweltschutz in der Schweiz durch pragmatische Gesetze vorangetrieben werden müssen, und nicht durch eine neue Verfassungsbestimmung ohne konkrete Massnahmen. Was wir brauchen, sind mehrheitsfähige und umsetzbare Gesetze, die alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – ökologische Verantwortung, gesellschaftliche Solidarität und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit – berücksichtigen.

Bereits kommende Woche geht die Arbeit im Bundeshaus für mich weiter. In der Umweltkommission des Nationalrats beraten wir die Revision des Umweltschutzgesetzes, welche die so genannte Lüftungsfensterpraxis wieder einführen will und damit zu zusätzlichem Wohnungsbau in den grossen Städten führen soll. Ausserdem steht der Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Österreich zum Hochwasserschutz-Jahrhundertprojekt Rhesi auf der Traktandenliste. Ein Thema, bei dem ich mich als St.Galler Bundesparlamentarier selbstverständlich besonders einsetzen werde.

Bis zum Bericht aus der Herbstsession wünsche ich den Leserinnen und Lesern meines Newsletters, dass der Sommer doch noch nach Mitteleuropa findet und die sommerliche Erholungszeit mit warmen Tagen einher geht.

Freundliche Grüsse
Nicolò Paganini
Nationalrat