Unsere Website ist nicht für deine Browserversion optimiert.

Seite trotzdem ansehen

Hoffen auf den Strategiewechsel

19. März 2021 – Es scheint leider zu einer Gewohnheit zu werden, dass sich das Parlament in jeder Session über eine Revision des Covid-19-Gesetzes beugen muss. Aus «meiner» Härtefallklausel vom vergangenen September für besonders betroffene Unternehmen ist mittlerweile aufgrund der nicht enden wollenden Lockdown-Massnahmen ein riesiges Monster geworden. Zwölf Milliarden Franken haben National- und Ständerat in den letzten drei Wochen insgesamt zusätzlich ausgegeben. Bis Ende Jahr werden wohl etwa 30 (!) Milliarden Franken an neuen Schulden abzuzahlen sein. Ich habe diese Ausgaben unterstützt – die betroffenen Branchen tragen völlig ohne Verschulden die wirtschaftliche Hauptlast der Pandemiebekämpfung.

Das Parlament ringt um Einfluss

In der ersten Woche verlangte der Nationalrat vom Bundesrat in einer von der Mehrheit der Mitglieder verabschiedeten Erklärung die Öffnung von Aussenterrassen, Restaurants, Fitnesscentern und weiteren Einrichtungen unter Einhaltung strenger Schutzkonzepte. Der Versuch, mit der Aufnahme des Öffnungsdatums ins Covid-19-Gesetz zusätzlichen Druck auf den Bundesrat auszuüben, war zum Scheitern verurteilt. Es ist völlig klar: Ein solches Datum gehört nicht ins Gesetz. Trotzdem habe ich als Zeichen dafür, dass ein andauernder Lockdown mit gleichzeitigen Milliardenzahlungen für die betroffenen Branchen keine Perspektive sein kann, zugestimmt.

Fragen und Testen

Zum Ausdruck kam die relative Hilflosigkeit des Parlaments auch in den wöchentlichen Fragestunden: Der Bundesrat wurde mit einer Flut von Fragen insbesondere zu Corona eingedeckt. Ich selbst wollte vom Bundesrat wissen, ober er bereit ist, einen Vergleich zum Contact Tracing unter den Kantonen für das «Lernen von den Besten» zu initiieren. Der Bundesrat lehnte dies ab mit dem Hinweis, ein Wettbewerb zwischen den Kantonen sei «für die Bewältigung der Krise nicht förderlich». Diese Einschätzung teile ich ganz und gar nicht. Als Beispiel: Ohne den Kanton Graubünden wäre systematisches Testen asymptomatischer Personen wohl noch immer nicht Teil der bundesrätlichen Corona-Strategie.

Meine zweite Frage zielte auf die Schaffung eines fälschungssicheren elektronischen Covid-free-Nachweises ab. In seiner Antwort hielt der Bundesrat fest, dass dafür eine gesetzliche Grundlage nötig sei. Das Parlament hat umgehend reagiert und die geforderte Grundlage ins Covid-19-Gesetz integriert. Dabei geht es nicht um einen blossen «Impfausweis», sondern um eine App, auf der neben der Impfung auch negative Tests bzw. Antikörper bei Genesenen dokumentiert werden können.

Neu waren die Parlamentsmitglieder auf freiwilliger Basis angehalten, sich regelmässig mittels PCR-Spucktests auf Covid-19 testen zu lassen. Ich bin dem gerne nachgekommen und wurde glücklicherweise sechs Mal negativ getestet. Dass sich Kollegen nicht testen liessen mit dem Hinweis, sie «fühlten sich ja wohl», zeigt, dass viel Aufklärungsarbeit nötig ist, um den Sinn breiter Tests von asymptomatischen Personen zu vermitteln.

Online-Medien am Staatstropf?

Der Nationalrat hat neben der Corona-Politik weitere erwähnenswerte Geschäfte beraten. So sollen die Online-Medien neu direkt staatlich subventioniert werden. Pro Franken erzielter Einnahmen würden die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler neu 60 Rappen obendrauf legen. Ich lehne das aus zwei Gründen ab. Erstens wird es unmöglich sein, später aus dieser Subventionierung wieder auszusteigen. Die Geschäftsmodelle der Online-Medien werden sich nach diesen Subventionen ausrichten und bei einem späteren Wegfall zusammenbrechen. Oder fällt Ihnen eine Subvention ein, die wieder gestrichen wurde? Mein zweiter Grund ist ein demokratiepolitischer: Wie sollen Medien die Arbeit von Politik und Verwaltung kritisch beleuchten, wenn sie direkt vom Staat subventioniert werden?

Reduktion des Pestizid-Einsatzes

Am letzten Tag der Session hat das Parlament einer parlamentarischen Initiative zugestimmt, die das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren wird. Dabei geht es um die Landwirtschaft – aber auch um weitere Einsatzgebiete wie Bahngleis-Anlagen oder Privatgärten. Die Initiative ist ein guter, praxistauglicher Gegenvorschlag zu den extremen Agrarinitiativen, die am 13. Juni zur Abstimmung kommen und einfach zu grosse negative Nebenwirkungen haben.

Am Ende der Session sind die Aussichten für die nächsten Wochen und Monate trübe. Die Corona-Fallzahlen nehmen wieder zu. Ich hoffe sehr, dass der Bundesrat den von der Mitte-Fraktion geforderten Strategiewechsel – weg von Schliessungen hin zu durchdachten Strategien für Tests, Contact Tracing und eine funktionierende Impfkampagne – endlich umsetzt.

Freundliche Grüsse
Nicolo Paganini
Nationalrat